Mit: Olivia DeJonge, Ed Oxenbould, Deanna Dunagan, Peter McRobbie, Kathryn Hahn u.a.
Kurzinhalt:
Eine alleinerziehende Mutter von zwei Kindern begräbt das familiäre Kriegsbeil mit ihren Eltern, zu denen sie vor über zehn Jahren den Kontakt abgebrochen hat. Und damit ihre Kinder Becca und Tyler die Großeltern endlich einmal kennenlernen, organisiert sie für diese in deren Schulferien einen einwöchigen Aufenthalt bei Nana und Pop Pop auf dem Land. Doch mit jedem Tag, den Becca und Tyler bei ihren Großeltern verbringen werden sie Zeuge, wie sich die beiden immer merkwürdiger verhalten, bis sie anfangen um ihr Leben zu fürchten…
Review:
Als ich die ersten Nachrichten von "The Visit" vernahm, war klar, dass ich den Film, obwohl im mittlerweile überstrapazierten Found Footage Stil gedreht, unbedingt sehen wollte. Schaut man sich nämlich einmal die Filmografie des Herrn mit dem quasi unaussprechlichen Namen Manoj Nelliyattu Shyamalan, in unseren Breitengraden besser bekannt als M. Night Shyamalan, der hier den Job des Regisseurs und Drehbuchschreiberlings übernimmt, an, so verspricht sein bis dato elfter Film, aus dem inzwischen mehr als ausgelutschten Genre noch einmal ordentlich etwas herauszuholen. Zeichnet Herr Shyamalan doch für Filme wie "Unbreakable – Unzerbrechlich", "Sixth Sense", "The Happening" oder "The Village" verantwortlich, die allesamt zwar nicht über jeden Zweifel erhaben waren, aber doch einige der besten Plottwists und WTF-Momente hatten, die ich in meinem Filmleben so erleben durfte.
Und so kommt wie es kommen musste auch die allseits (un-)beliebte Wackelkamera zum Einsatz, wobei der filmische Vorwand für ihr ständiges Vorhandensein ebenso schnell erklärt, wie unspektakulär ist: Die Tochter will – natürlich – eine Dokumentation über den eine Woche dauernden Ausflug bei ihren Großeltern für ihre Mutter anfertigen, die es sich für die Zeit, in der die Bälger bei den Großeltern sind, auf einer Kreuzfahrt mit ihrem Kerl gutgehen lässt. Wenn das mal nicht eine spektakuläre Erklärung ist, warum die Kinder ständig mit einer Kamera am Arm durch die Gegend laufen. Immerhin versteht es Shyamalan, die für die Dokumentation eingesetzte Kamera in einer Weise einzusetzen, die beim Publikum im Gegensatz zu anderen Filmen keine Übelkeitsanfälle und Brechreiz hervorruft. Allein das ist ein klarer Pluspunkt. Und im Übrigen macht er auch sonst einiges richtig. So sind die beiden australischen Jungdarsteller Olivia DeJonge (Becca) und Ed Oxenbould (Tyler) in ihren Rollen als Enkel, die zum ersten Mal die Gelegenheit bekommen ihre Großeltern kennenzulernen, überraschend überzeugend. Vor allem Oxenbould spielt seine Rolle als Klugscheisser, Mädelsschwarm und Möchtegern-Rapper mit so viel Witz, dass man von einer Minute zur anderen zwischen einem Schmunzler über einen seiner dämlichen Sprüche und dem unstillbaren Verlangen, dem Jungen eine zu kleben, hin- und hergerissen ist. Dabei schaffen es nicht nur die beiden 17- und 14-jährigen Jugendlichen den Zuschauer zu überzeugen. Auch Nana, gespielt von Deanna Dunagan, kommt gleichzeitig unheimlich und total lieb vor allem den Kindern gegenüber rüber, so dass manche ihrer Szenen den Zuschauer zeitweise mit einem großen Fragezeichen über dem Kopf im Kinosessel zurücklassen.
Den Eindruck einer real gefilmten Dokumentation wird zudem noch dadurch verstärkt, dass Shyamalan bis auf wenige Ausnahmen auf eine musikalische Untermalung des Geschehens verzichtet hat, was dem Zuschauer allerdings wenn überhaupt lediglich unbewusst auffallen dürfte. Das hysterische Lachen, Kratzen, Dielenknarzen von Nana ist hier genug Soundtrack. Die einsame, verschneite Winterlandschaft des Hauses und seiner Umgebung tragen ihr Übriges zum stimmigen Gesamtbild bei. Und wo wir gerade bei dem Thema Stimmung sind: Shyamalan hat zwar nicht komplett, aber dennoch glücklicherweise weitgehend auf billige Jumpscares, die Geißel des Genres, verzichtet. Je weiter also die Woche voranschreitet und somit das Ende des Urlaubs naht, desto stärker wird der Zuschauer an die Geschehnisse auf der Leinwand gefesselt, die sich zum Abreisetag hin auf immer dramatischerer Weise zuspitzen. Leider enttäuscht das Ende dann im Verhältnis dazu doch. Zwar gibt es auch hier, wie in vielen anderen Filmen des Herrn Shyamalan einen gewissen Twist, der hat allerdings nicht das Zeug zu irgend einer Art von Wow-Effekt, ganz zu schweigen von den Dimensionen eines Plottwists vom Ausmaß "Sixth Sense" (SPOILER: Bruce Willis ist nach den ersten fünf Minuten des Films bereits tot! Ha!).
Fazit:
Wer die bisherigen Filme von Shyamalan genießen konnte, wird auch an "The Visit" seine Freude haben. Zwar ist der Film, wie die meisten anderen Werke von ihm, bei Weitem nicht frei von Kritikpunkten, allerdings werden diese durch die ausgezeichnete Leistung der Schauspieler und den von Shymalan eingesetzten Stilmittel in Form von Kameraperspektive, Soundkulisse und Stimmung weitgehend ausgebügelt. Bahnbrechende Neuerungen des Found Footage Genres werden dem Zuschauer hier aber nicht vorgesetzt. Dennoch weiß die Zusammenstellung aller Elemente zu überzeugen und auf den fast obligatorischen Plottwist muss man hier ebenfalls nicht verzichten.